Prolog
Am 15. Tage des März im Jahre 2023, nach schwäbischer Zeitrechnung. Nervensend, Haarraufweg, Schluchzingen, Pestviertel, Aualand - verbrannte Erde... Das letzte Zeitalter dieser Serien-Welt.
Gesehen und gut verpackt... die Geschichte eines "Die Ringe der Macht"-Zuschauers - von Cappu Junkie
Ja, wo fange ich an...... Achja - über die Film-Trilogie:
Im Jahre 2001 wurden die feuchten Träume vieler großer und kleiner Tolkien-Fans Wirklichkeit, als Peter Jackson neue Massstäbe setzende Drei-Stunden-Fantasyklopper in die Kinos brachte... und damit sogar den ein oder anderen Sonnenmuffel-Ork zu stürmischem Beifall ermuntern konnte. Nach einer abwechslungsreichen, blutigen Odyssee, gespickt von Schlachten, Monstern und niedlich-kleinen, tollpatschigen Hobbitsen triumphierte ein Haufen zusammengewürfelter Abenteurer über das Böse...
"Hahahaha... Bäärbel... da ist jemand an der Tür!"
Auch ich - zu jener Zeit in praktisch völliger Unkenntnis über Tolkiens Werke und die Tage mit Feuerwerk und Geschirr abwaschen verschwendend, auf welche jedoch nicht näher eingegangen werden soll zu diesem Zeitpunkt! *Kritik verdunkelt sich und Donnergrollen ist zu hören* - war seitdem ein treuer Anhänger der Geschichten und Abenteuer rund um den einen Ring...
"Bärbel... die Tür!... Herrjemine, wo steckt das Elbenweib?"
Doch das Böse war nicht besiegt! Die Lizenzrechte gerieten dem Geschöpf Amazon in die Hände, das sie tief hinein in die Streaming-Welt trug. Und dort verfielen die Drehbuchschreiber dem Wahnsinn...
Folge 1 - Debatten um die Regiearbeit (OT: Schatten der Vergangenheit)
Mit einem Kribbeln im Bauch schalte ich den Fernseher an. Mein Herz pocht, denn ich bekomme jetzt endlich eine neue Injektion Mittelerde... vielleicht der schönste Tag meines Lebens! Doch nanü, was ist denn da los? Die Mobbing-Elbenbrut versenkt in böswilligster, sauronischer Absicht ein kleines Papier-Schwanenboot! Das traumatisierte Opfer, die kleine Bootsbauerin Galadriel, möchte schön mittig eine redlich verdiente Faust im Gesicht des Mob-Anführers platzieren, wird aber zurückgepfiffen und getadelt.
Wie so oft in letzter Zeit breitet sich wieder einmal leichtes Unbehagen in mir aus. "Weisst du, weshalb ein Schiff schwimmt, ein Stein aber nicht?" - Noch ahne ich nicht genau, welch geistiger Dünnpfiff mir in den nächsten Sekunden in die Ohren gestopft werden wird, aber auch Bärbel neben mir merkt... da ist was im Busch, da kommt was Größeres. Sie lässt sich nichts anmerken, aber in mir reißt ein tollwütiger Troll wutentbrannt sein Maul auf und verteilt seinen stinkenden Sabber auf meiner dahinschwindenden Vorfreude. "Einfach, weil der Stein stets nur hinab blickt..." - man hört zwar den Worten zu, doch irgendwo zwischen Gehörgang und den Ram-Riegeln im Kopf spielen die Synapsen verrückt und blockieren aus Eigenschutz diesen mutmaßlichen Virenangriff auf das System.
Nach fünf Minuten bin ich auf dem harten Boden der Realität angekommen und muss mitansehen, welch ein Verbrechen hier unter dem einst makellosen Namen "Herr der Ringe" verübt wurde. Wenn sie in einer Burg leben und dem Zeugwart der Waffenkammer das Leben auf heitere Art und Weise schwer machen möchten, türmen sie doch einfach alle Helme zu einem riesigen, komplett sinnlosen Berg auf, der dann beim Abtragen irgendwann jemanden unter sich begraben wird. Ein Brüller bei jedem Festgelage. Und wenn sie ihre Gäste ganz besonders mögen, engagieren sie doch die nun erwachsene Galadriel samt Elben-Redshirt, damit vor dem Nachtisch das merkwürdigste Gespräch vorgetragen wird, welches sich jemals und wie ein Schlagbohrer in die Hörmuscheln ihrer verdutzt dreinschauenden Liebsten gebohrt hat.
Redshirt: "Ich habe kein Gefühl mehr in meiner Hand."
Galadriel: "Nein. Das Böse ist hier so stark, das unsere Fackeln keine Wärme abstrahlen. Hier entlang!"
Redshirt: "Wie könnt ihr euch sicher sein?"
Galadriel: "Es ist kälter als anderswo."
Ich werde diesen Dialog, der auf so viele Arten falsch und verkorkst ist, leider nie mehr vergessen können, doch glücklicherweise hat die Serie Erbarmen und schleudert mir kurz darauf schon die nächste Szene entgegen, die mir signalisieren soll: Ach du wolltest Tolkien? Ne ne mein Freund, Herr der Ringe gibts hier nich. Da bist du ganz falsch hier. Galadriel benutzt ihr mobiles Schwertkatapult, um mit ein paar wenigen Super-Kampf-Einlagen in wenigen Augenblicken mein Herz sowie meine gesamte Rest-Hoffnung auf grausame Weise in viele kleine Scheibchen zu schnippeln.
Auf dem Set scheint es niemanden gegeben zu haben, der in der Lage ist, bis neun zu zählen, oder wenigstens bis sieben. Besteht die Truppe um Galadriel anfangs noch aus zwanzig Seelen, sind es Sekunden später nur noch zehn, beim Bergsteigen nur noch neun und in der Höhle angekommen immerhin noch ganze glorarme Sieben. Irgendwann muss dies wohl einem der Catering-Mitarbeiter beim Vorbeilaufen aufgefallen sein, und schwupps hat der Regisseur nach dem Kampf mit dem Monster wieder neun Elben am Start. Wenn auch sie aufgrund des immer wieder vorkommenden, natürlichen Darsteller-Schwunds bei den Dreharbeiten zu dieser Serie einen Angehörigen vermissen sollten, trösten sie sich mit dem Gedanken, das dieser wenigstens nur an einer Folge mitwirken musste und der Leidensweg unendlich viel länger hätte sein können.
Ich empfinde fast alles in dieser ersten Folge so schlecht, das ich jeden beleidigenden und herablassenden Satz über Xena tief und innigst bereue. Die sektenartige Zeremonie auf dem Elbenschiff ist fast langweilig und monoton, aber auf Galadriel ist Verlass. Bei der nächsten Kreuzfahrt geraten sie bitte übrigens nicht gleich in Panik, wenn neben ihnen jemand über die Reling springt. Wahrscheinlich hat derjenige nur etwas zuhause vergessen, vermutlich den Zahnarzttermin, den nicht ausgeschalteten Herd oder das endgültige Besiegen des unsagbar Bösen.. Außerdem wären sie sowieso nicht rechtzeitig beim Kapitän, zu behäbig ist das Vorankommen in der schweren Ritter-Matrosenrüstung. Bärbel hat noch nicht bemerkt, das Amazon gerade dabei ist, mein in schöne Scheiben portioniertes Herz genüsslich zu verspeisen. Eigentlich sitzt da nur noch eine leere Hülle neben ihr und greift reflexartig wie ein kopflos umherrennendes Huhn immer wieder in die Chipstüte. Das Armageddon ist eingetreten, Mittelerde ist verloren. Eigentlich kann jetzt nur... ja, jetzt kann nur ein Superheld hier noch was retten und..... Woooa... was ist denn das? .....Das ist... Meteor-Man!
Folge 2 - Treib gut, Galadriel (OT: Treibgut)
Noch keine fünf Minuten vorbei. Ich sitze da in der Hoffnung, wenn ich einmal schiffsprungig sein sollte, das dann auch mir irgendwo ein ominöser Drehbuchschreiber ein Rettungsfloss auf dem endlos riesigen Meer zu Hilfe schickt. Wirklich äusserst praktisch, nachdem man eine abgrundtief dumme Blödheit getan hat, und die Geschichte einen als Hauptdarsteller aber dringend benötigt. Umso praktischer, das das Böse natürlich auch genau auf diesem Floss sitzt. Die ganze Szene ist so bescheuert in ihrer Anhäufung von Zufällen, das sie bei der CIA vermutlich in Zukunft als bevorzugte Psycho-Foltermethode eingesetzt werden wird. Galadriel wird in wenigen Minuten drei mal gerettet - erst vom großen Floss, dann von der sie ins Wasser stossenden Tussy und dann vom kleineren Floss. Ich muss laut lachen und Bärbel schaut mit dem typischen Gesichtsausdruck rüber, welches mir verdeutlichen soll, das sie keinen Humor entdeckt hat. Aber in mir prallen all die bisherigen Fremdscham-Momente in einer Ecke des Hirns zusammen und explodieren in einem riesigen Urknall. Diese Serie soll wohl eine Herr der Ringe-Parodie sein!
Die Frisuren der beiden Herren schmettern mir denn auch sofort ein optisches "Jaaaa" entgegen. Elrond und Celebrimbor spazieren mal eben kurz nach Khazad-Dum. Genau so kenn ich das von mir, es ist wie aus dem Leben gegriffen. Wenn ich den Kumpel in Hamburg mal eben um einen Gefallen bitten will, bemühe ich nicht erst das Telefon, die Bahn oder ein Flugzeug, selbst ist der Mann. Im Morgenmantel mit Sixpack unter dem Arm auf durchs schöne Ländle, von Stuttgart querfeldein ins Hanseland, passt. Natürlich lässt mich der Honk aber nicht einfach rein, wenn ich dann dort bin. Nein, zuerst hauen wir wie die Bekloppten auf ein paar Felsen ein, während uns eine grölende Menge anfeuert und vergessen lässt, wie absurd dumm diese traditionelle Herausforderung ist. Und weil ich nur in die Wohnung darf, wenn ich gewinne, verliere ich natürlich absichtlich. Am Ende versteht niemand, was hier gerade eigentlich geschehen ist, und wir gehen alle zum Saufen in die Wohnung.
Wenn ich mal Kinder haben sollte, wünsche ich mir einen Sohn, der genauso energisch und gnadenlos gegen Ungeziefer im Haus vorgeht wie Theo. Was ist schon ein klaffendes Loch im Wohnzimmerboden, wenn man die Gelegenheit hat, eine Ratte zu Brei zu schlagen. Mein zukünftiger Wunschsohn fährt fort mit seinen geistigen Umnachtungen, indem er eine offensichtlich total magische, äusserst wertvolle Waffe geheim hält. Das Verhältnis zu seiner Mutter ist wohl total zerrüttet, und nachdem Bärbel die erste Folge gar nicht sooo schlecht fand, verstehe ich ihn auch vollkommen.
Arondir und Bronwyn entdecken ein zerstörtes Dorf samt Loch im Boden. Willkommen bei Cappu's Quiz - was würden sie in dieser Situation machen? A) Theo eine Tracht Prügel verabreichen B) Ruhig, aber bestimmt bei der nächsten Stadtratssitzung die explodierenden Gasleitungen beanstanden C) Auf den Schock erstmal einen Schluck schwarze Milch trinken D) Zum nächsten Meer rennen und hineinspringen.