Ich hab's jetzt mal ein paar Tage gespielt und es hat meine Vorurteile teilweise bestärkt, teilweise widerlegt. Also hier erst mal eine kleine Richtigstellung zu meinem vorherigen Post, in dem ich Folgendes befürchtet hatte:
"wieder extra einen neuen Account anlegen"
> muss man tatsächlich gar nicht, der Steam-Account reicht, wenn man eh einen hat (positiv!)
"zeitaufwendiger Riesendownload"
> ca. 70 GB, ist schon eine Menge aber auch nicht die Welt. Hat bei mir 2-3 Stunden gedauert, glaub ich; war noch okay, vor allem in Relation zu:
"Spiel wird schneller wieder de-installiert, als der Download gedauert hat ;)"
> das war bei mir absolut nicht der Fall. In der Zeit, die ich bisher mit dem Spiel verbracht habe, hätte ich wohl schon ein mittelgroßes RPG wie Gothic durchspielen können. Die Downloadzeit war also nichts dagegen.
"andere Spieler, die mit ihren albernen Charakternamen, ihrem Verhalten und Kommentaren den Spaß beeinträchtigen"
> Ja, aber man kann die Chats einfach ausstellen, dann kriegt man nichts davon mit, wie viele der anderen Spieler aufmerksamkeitsheischende Unsympathen sind und kann sich einfach vorstellen, dass hinter all den hübschen Charakteren nette Menschen stecken, die Spaß an dem Spiel haben. ;) Namen können auch keine Zahlen oder Sonderzeichen enthalten, und sie sind recht klein und unauffällig auf dem Bildschirm; man muss schon genau hingucken und bisher sind mir noch keine richtig schlimmen Namen begegnet. Wirklich ärgern kann man andere Spieler, so weit ich gesehen habe, auch nicht. PvP scheint nur mir Zustimmung zu gehen und wenn jemand die Monster umbringt, die eigentlich du erledigen solltest, hat das glaube ich, auch keine negativen Auswirkungen. Im schlimmsten Fall muss man halt ein paar Sekunden warten, bis sie neu spawnen. Hab aber auch noch niemanden getroffen, der absichtlich andere Spieler zu belästigen versucht. (also auch hier positiv, sofern man den allgemeinen Chat abstellt)
"nervig kleines Inventar, das man sich nur mühsam oder mit Geld (stufenweise) vergrößern kann"
> Das hat sich überhaupt nicht bestätigt, das Inventar ist von Anfang an sehr großzügig, war bisher noch nie voll bei mir, und auch sonst habe ich bisher nichts gesehen, das den Spielspaß durch Nahelegen von In-App-Käufen unterbricht. Man könnte glatt vergessen, dass es Free-to-play ist, zumindest in der Anfangsphase (die wie gesagt zeitlich schon einem SP-RPG entspricht).
"langweilige Spielmechaniken, mehr Grinden und Beschäftigungstherapie als Welterforschung und Geschichte"
> Hier bin ich zwiegespalten. Die Kampf-Mechaniken finde ich kein bisschen langweilig, sondern richtig spaßig. Wenn man unter Grinden das ewige Kämpfen gegen dieselben Monster versteht, um sich langsam und mühselig hochzuleveln, dann gab es bisher überhaupt kein Grinden. Ganz im Gegenteil, manchmal hätte ich mir eher gewünscht, man müsste viel mehr gegen solche Monsterhorden kämpfen. Aber zum Leveln lohnt es sich wirklich nicht. Man kriegt so 2-10 xp und braucht für ein Level so was wie 25.000, also kann man das Grinden getrost sein lassen, denn man steigt nur durch das Erledigen von Quests auf, und das recht zügig. Allerdings sind viele dieser Quests stinklangweilig, mit zu viel Erklärtext und meistens muss man nur kurz von einem Ort zum anderen reiten und etwas abliefern oder eine kleine Handvoll Gegner erledigen, dann wieder zurück. Und das Schlimmste daran ist, dass in den ersten, ich sag mal 30-50 Stunden - oder mehr? - das Questen extrem linear aufgebaut ist. Man kann nicht lustig in der Welt rumreiten und Quests sammeln, sondern immer nur die 2-4 machen, die gerade angeboten werden, um die nächsten freizuschalten. Man wird da teilweise wortwörtlich durch einen Schlauch geschickt, von A nach B, und außer ein paar kleinen Collectibles gibt es auch nicht viel zu entdecken. Und weil die Queststruktur so linear ist und die Quest selbst so kurz und trivial sind, lohnt es sich in dieser Phase noch nicht wirklich mit Freunden zusammenzuspielen. Im Grunde ist es ein riesig langes Single-Player-Tutorial, das man bis vielleicht Level 50 oder so zumindest mit einem Charakter durchspielen muss? (Ich bin lvl 30 und muss mich immer noch nach gelegentlich spannenden Hauptquests mit Dramatik und Bosskämpfen wieder von Bauern hin- und herschicken lassen oder mir neue Spielmechaniken erklären lassen. Also TL:DR - Kämpfen ist gar nicht grindig, aber Struktur und Inhalt der Quests kommen mir wirklich oft wie langweilige Beschäfigungstherapie vor.
Für einen MMO-Laien bzw. -Skeptiker wie mich steckt da irgendwo wirklich ein richtig nettes Spiel drin, das durch die Genrekonventionen und ein paar mir nicht nachvollziehbare Entscheidungen allerdings leider auch wieder sehr verwässert wird. Mir hätte es als kompakteres Single-Player-Action-RPG, das sich auf die Hauptgeschichte konzentriert, oder aber als von Anfang an auf Co-op ausgerichtetes Multiplayer-Spiel besser gefallen. Erst ein tagelanges Single-Player-RPG-Tutorial (mit mäßiger Geschichte und langweiligen Fetch-Quests) allein durchzuspielen, um dann irgendwann mal Spaß mit Freunden haben zu können, finde ich etwas hart. Das ist weder so noch so befriedigend. Sehr schade, weil mir tatsächlich doch Vieles an Lost Ark zusagt; es sieht schon schön aus und macht auch Spaß zu spielen, wenn man denn mal endlich wirklich spielen dürfte. Mal sehen, wie weit meine Geduld noch reicht.
Post edited February 17, 2022 by Leroux