TheHexer_pcg: Wie war das noch? "Service-Wüste Deutschland"?
Kein Wunder wenn alles nur durch Algorithmen geregelt wird.
Dazu kann ich tatsächlich Stellung nehmen als ehem. Leiter Internetservices bei einem großen deutschen Anbieter (NICHT GOG!).
Ursache ist die Entkopplung der Abteilungen vom eigentlichen Unternehmensziel.
Du hattest bspw. die Supportabteilung. Die einzige Metrik welche der Support vorgegeben bekam um seine Performance zu messen war, wie viele Tickets sie pro Stunde SCHLIESSEN.
Ergo waren sie motiviert sämtliche Kundenbitten im 1. Schritt IMMER mit einem Textbaustein abzulehnen, und sich erst näher damit zu beschäftigen, falls der Kunde sich beschwert.
Es gab schlicht keine Incentives dafür, Probleme der Kunden tatsächlich zu lösen, einen Bug zu melden, oder Kunden vom 1st-level-Support an den 2nd-level-Support weiterzuleiten. Probleme tatsächlich zu lösen stört den Arbeitsablauf. Bug-Tickets zu schreiben frisst Zeit und verschlechtert die Performance.
Ein Fehler wurde deshalb erst dann weitergeleitet, wenn es so viele Kundenbeschwerden gab, dass die manuelle Behebung des Fehlers trotz initialer pauschaler Ablehnung den Arbeitsablauf im Support nennenswert störte.
Ähnlich entkoppelt war die Marketingabteilung. Die Marketingabteilung maximierte nicht die Kundenzufriedenheit sondern wiederum Metriken wie Conversion, Anzahl gemachte "Stücke" (unabhängig vom Preis), Anzahl Werbeeinwilligungen und Newslettersubscriptions. Am liebsten hätten die das Nutzerverhalten bis zum Klo getrackt, um ihre Metriken zu füttern. Hinzu kamen externe Marketingagenturen, welche für SEO und sonstige Dienstleistungen jeweils pro Nase einen oder mehrere zusätzliche Trackingcookies haben wollten. Hinzu kamen Incentives der Hersteller, die wiederum ihre eigenen Zielvorgaben hatten, die es zu überwachen galt, weil man dafür Geld bekam.
Meist war ein nicht unwesentlicher Teil des Gehaltes der Angestellten zusätzlich an Zielvorgaben gebunden: Ein zu erreichendes Verkaufsvolumen nach Preis und ein weiteres nach der Anzahl der verkauften Artikel.
Aufgrund dieser komplett schwachsinnigen Boni für das Marketing habe ich dann erlebt, dass die Marketingabteilung eines Auftraggebers sündhaft teure Produkte für 1 Euro verschenkt und bewusst in Kauf genommen hat, mit jedem Verkauf die eigene Firma zu schädigen, weil: Sie die monetären Zielvorgaben für das Geschäftsjahr bereits erfüllt hatten, aber die reine Anzahl der verkauften Produkte noch unterhalb der Zielvorgabe lag.
Nun will ich die IT nicht ganz außen vor halten: Wir haben viele begründete Anfragen abgelehnt, weil wir unsere eigenen Metriken hatten und ungeplante Aufwände nerven wie die Pest. Denn! Unser Kunde als IT war nicht der Endverbraucher sondern die Marketingabteilung... *tusch* *badabumm-tzzzz* Und dort schließt sich der Kreis.
Unsere Aufgabe war die Marketingabteilung glücklich zu machen, Kundenzufriedenheit beim Endverbraucher betraf uns nicht.
Ergebnis: Das Einzige was überall stört ist der Kunde.
Und aufgrund eben dieser Entkopplung aller Ebenen haben wir (meiner Meinung nach) bis heute in Deutschland eine Servicewüste.