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Als Mike Pondsmith anno 1988 sein Tabletop-RPG-System erschuf, war das Jahr, in dem wir heute leben, utopische und unabsehbare Zukunftsmusik. Schauen wir uns mal an, wie das Regelbuch und sein Schauplatz zum Grundstock für Cyberpunk 2077 von CD PROJEKT RED wurden.

Die Spielregeln
Als das erste Cyberpunk-Regelbuch veröffentlicht wurde, war Pondsmith schon kein unbeschriebenes Blatt mehr, was Tabletop-RPG-Systeme angeht. Seine vorigen Projekte Mekton (1984) und Teenagers from Outer Space (1987) waren schwer von Sci-Fi-Anime-Krachern wie Mobile Suit Gundam beeinflusst. Bei Cyberpunk ging es Pondsmith vornehmlich um ein eher dystopisch gelagertes Universum. Er ließ sich von Autoren wie Philip K. Dick (u.a. der unsterbliche „Blade Runner“) und Walter Jon Williams („Hardwired“) inspirieren. Wenig später kam dann William Gibson dazu, der das von Sci-Fi-Fans kultisch verehrte „Neuromancer“ verfasste.



Interessanterweise spielte das Original-Cyberpunk-RPG im Jahr 2013 und war ziemlich schnell überholt, da der Mauerfall dessen Blick auf die Zukunft zu sehr nach Kaltem Krieg aussehen ließ. Deshalb wurde 1990 Cyberpunk 2020 veröffentlicht: Ein aktualisiertes Regelbuch, das für mindestens die nächsten 25 Jahre zur Bibel für Science-Fiction-Fans mutierte.

Aus heutiger Sicht riecht das in dem Regelbuch aufgefächerte Universum stark nach den 80ern und steckt voller Kitsch, flashy Designs und der Vorwegnahme vieler zukünftiger Erfindungen. Die Spieler des RPGs sahen sich mit Cybertech, Körper-Modifikationen und diversen Schlüsselwerten des Cyberpunks konfrontiert – wie etwa einem gefährlichen Lebensstil und dem Äußeren, das jeglichen Inhalt überschattet.

Die unvorhersehbare Zukunft
Wenn es nach Cyberpunk 2020 geht, sieht die Zukunft der Menschheit nicht besonders rosig aus. Unsere Welt wird von allmächtigen Konzernen und korrupten Regierungen beherrscht und rutscht schnell in soziale Schichten ab, bei denen unglaubliche Armut auf Reichtum und fortschrittliche Technologie trifft. Es gibt nur eine Regel im modernen, verseuchten Großstadtdschungel, in dem das Verbrechen regiert: Fressen oder gefressen werden. In dieser Welt kann man nur überleben, wenn man sich ins Konzernsystem einreiht – oder aber dagegen rebelliert. Letzteres funktioniert über das Netz, in dem noch Freiheit und unzensierte Informationen existieren.



Als Pondsmith an Cyberpunk 2020 arbeitete, steckte das Internet, wie wir es heute kennen, noch in den Kinderschuhen und bot gleichermaßen Gefahren und ungeahnte Möglichkeiten. Doch so schnell es sich auch entwickelt hat und so groß sein Einfluss auch auf unseren Alltag mittels Computern und Smartphones sein mag – im Netz unterwegs zu sein ist immer noch ziemlich anders als die fast schon betäubende Erfahrung, die Pondsmith erdacht hatte.

In einigen Belangen hat der Autor allerdings durchaus den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Organisationen beispielsweise, die im Internet die nationale Sicherheit und die von Konzernen sicherstellen wollen (ähnlich der „Netwatch“ in Cyberpunk), gibt es heute tatsächlich. Die Evolution künstlicher Intelligenz, fossile Brennstoffe und Kybernetik sind ebenfalls boomende Themen, die von Cyberpunk orakelt wurden. Fliegende Autos und das Klonen von Menschen allerdings sind auch heute noch Science-Fiction.



Auf ins Jahr 2077
Pondsmiths Universum blieb natürlich nicht stehen. Cyberpunk V3.0 erschien 2005 – gerade rechtzeitig für die anstehenden Erfindungen und Technologien des 21. Jahrhunderts. Viele Fans aber zeigten sich enttäuscht von den Änderungen am Spiel und seinem Universum, und die 2020-Version blieb nach wie vor die beliebteste. Bis CD PROJEKT RED das Cyberpunk 2077-Videospiel im Mai 2012 ankündigte.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis ein neues Tabletop-RPG erscheinen würde. Und so erblickte Cyberpunk Red das Licht der Welt. Wir schreiben nunmehr das Jahr 2045, und das Spiel dient sowohl als Erweiterung des Cyberpunk 2020-Tabletop-RPGs als auch als Vorgeschichte der Cyberpunk 2077-Storyline. Nach einer ganzen Reihe verheerender Katastrophen wie dem Zusammenbruch der Wirtschaft, dem Vierten Konzernkrieg und verdorbener Ernte versucht die Welt, wieder auf die Beine zu kommen. Erst 32 Jahre und einen Einigungskrieg in Nordamerika später werden wir uns im Jahr 2077 befinden, wo der Spaß im Moloch Night City erst richtig losgeht ...



2020 vs 2077
Was hat sich seit der 2020-Version geändert? Zum Einen ist das Gameplay viel dynamischer. Erinnert man sich an RPGs Anfang der 90er Jahre, waren die extrem verzweigt, was Charakter-Statistiken und Kampfmechaniken angeht. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts präsentierten die World of Darkness-Spiele einen Ansatz an Tabletop-Spiele, der wesentlich rasanter und Story-fixierter war.

Cyberpunk 2077 setzt diese Tradition in vielerlei Hinsicht fort. Die Anzahl der Charakter-Eigenschaften wurde beispielsweise von 9 auf 6 gesenkt. Die Charaktere heilen hier viel schneller als im Tabletop-RPG, und deshalb kann man wesentlich mehr Kämpfe in kürzerer Zeit bewältigen. Und ein Charakter ist wesentlich weniger anfällig für eine sogenannte Cyberpsychose, die von einer zu großen Menge Cybermodifikationen herrührt. Seine menschliche Kapazität hierfür ist eher informativer als bedrohlicher Natur.



Im Vergleich zu seinem Vorgänger versprüht das Spiel außerdem eine deutlich ausgeprägtere postapokalyptische Atmosphäre. 2020 hatte das Universum Städte, die denen in „Blade Runner“ ähnelten, voller fliegender Autos und Neonreklame im 80er-Stil. 2077 sieht Night City nach Jahrzehnten geprägt von Krieg, Treibstoffknappheit und Klimawandel eher wie eine futuristische Insel aus, die von einem verseuchten Ödland voller Nomaden umsäumt wird. Der Vergleich dieses Ödlands zu bekannten Schauplätzen der Fallout-Reihe oder den „Mad Max“-Filmen liegt nahe.

Wie du sehen kannst, verändert sich unsere Welt stetig, und somit auch unsere Vorstellung der Zukunft. Das 2020, das Mike Pondsmith 1990 ersonnen hat, sieht komplett anders als unsere heutige Welt aus. Doch ganz egal, was die Zukunft bringt: In der Zwischenzeit können wir ja immer noch jede Menge Spaß mit Cyberpunk 2077 haben.
Vielleicht ist es für den ein oder anderen interssant. Bei HumbleBundle gibt es z.Zt. ein (mehr oder weniger) Komplettpaket des Pen&Paper (oder Pen&PDF) Rollenspiels Cyberpunk 2020 zu kaufen.

Ansonsten: Danke für den kleinen Blick in die Geschichte der Zukunft ;-)