Alsooooooo, ich habe jetzt eine Woche lang Black Geyser gespielt und will hier mal mein Zwischenfazit raushauen, bevor ich das Spiel dann pausiere.
Kurz: ich bin begeistert. Das Spiel macht nichts falsch und einiges richtig richtig gut. So viel Spaß hatte ich mit einem modernen Rollenspiel seit zig Jahren nicht mehr.
Es ist wie das Baldur's Gate 2 Sequel, das es so nie gegeben hat - Black Geyser orientiert sich sehr stark am ersten Baldur's Gate. Das fängt schon bei der Musik im Hauptmenü an, geht über die Charaktererstellung, die Inszenierung, Spielweise, Art der Dialoge und das Kampfsystem, bis über bestimmte Ortschaften und deren Bedeutung für die Handlung hinaus.
Die Spielwelt und deren Bewohner haben das Label "Fantasy" wirklich verdient, statt den hundertsten Standard-Aufguss zu servieren. Die Musik hebt sich jenseits vom Hauptmenü auch von seinem Vorbild ab und erzeugt eine wirklich einzigartige, minimal osteuropäische, beklemmende Atmosphäre.
Die Optik ist zwar nicht wirklich State of the Art - haucht der Welt dank der Licht- und Wettereffekte aber Leben ein und trägt einen enormen Teil zur allgemeinen Stimmung bei. So können die einzelnen Wölkchen, deren Schatten wunderschön über den Boden ziehen, sich auch mal verdichten und zu schlechtem Wetter führen - es fühlt sich echt an, eben wie Wetter, das sich entwickelt und nicht im einen Moment Sonnenschein und zack, im nächsten Gewitter!
Wer die bisherigen Beiträge im Thread gelesen hat: ja, die Szene mit dem König und seinem "hoho" und "hahaha" ist nach wie vor drin - das muss man aber ehrlich gesagt selber gespielt haben.
Denn was sich hier im Thread wirklich nicht sehr rosig liest, hat im Spiel auf mich eine andere Wirkung gehabt: nämlich die eines Herrschers, der jegliche Bodenhaftung verloren und keinerlei Bezug mehr zum eigenen Volk hat.
Ein großkotziger, pompös auftretender Monarch, der es belustigend findet, dass ein Adliger keinerlei Besitz und Vorrechte bekommt, ihm aber trotzdem Abgaben zu entrichten hat.
Dass dieser Eindruck von ihm richtig war, hat sich dann auch für mich nach seiner schriftlichen Kapitulationsforderung an das verfeindete Deron Guld bestätigt.
Auch die Dialogoptionen, die zur "Hinrichtung" am Hof geführt haben, habe ich ausprobiert - das erschien mir durchaus realistisch. Wie der König selber sagte, er lässt sich doch nicht an seinem eigenen Hof vor seinen Untertanen verspotten.
Dass dann scheinbar unendlich Wachen nachspawnen kann ich nicht bestätigen; ich habe einfach direkt geladen.
Aber das ist halt scheinbar etwas, was einfach nicht passieren soll. Ich meine, da geht es größtenteils um einen Krieg verfeindeter Nationen - da macht es keinen Sinn, dass man nach 3-4 Stunden einfach mal den König plättet.
Handlungsfreiheit schön und gut - und die gibt es, samt Konsequenzen! Kann die Geisterstadt, die ich gerade frisch geschaffen habe, nur zu gut bestätigen -, aber die Dinge müssen halt auch in der Spielwelt Sinn machen und das würde der Mord am König einfach nicht.
Das ist mir dann auch echt lieber, als nicht fertig gedachte Handlungsfreiheit, wie ich sie erst dieses Jahr beim Lost Valley DLC von Solasta erlebt habe - da konnte man den König töten, was so offenbar auch nicht hätte passieren sollen und was zum unbefriedigendsten Ende eines (Rollen)Spiels geführt hat, das ich jemals gesehen habe.
Die Wegfindung ist in der Tat nicht sonderlich knorke, aber immer noch besser als die der Infinity Engine Spiele. Und, großer Vorteil ggü. den IE-Spielen: die angenehme Laufgeschwindigkeit! Ich habe erst letzte Woche mal wieder in Baldur's Gate 1 reinspielen wollen und war regelrecht geschockt, wie langsam die da zusätzlich zu ihren Wegfindungsproblemen gehen!
Wenn ihr bis hierher gelesen habt, fragt ihr euch jetzt sicher, warum ich Black Geyser pausieren will, wenn ich nur Lob dafür übrig habe? Tja, die Ladezeiten.
Versteht mich nicht falsch, die Ladezeiten sind "okay". Selbst Pillars of Eternity 1, das inzwischen wie alt ist, so um die 7 Jahre (?), hat locker doppelt so lange Ladebildschirme. LOCKER.
Aber, das ist etwas, womit ich wirklich zu kämpfen habe, bei modernen Spielen. Gerade wenn man auch wenig Zeit hat, will man die halt auch aktiv im Spiel verbringen und nicht immer nur auf das Spiel warten.
Beispiel hierzu - ich habe in den Deron Guld Eisenminen (Baldur's Gate 1, ick hör dir trapsen) auf zweiter Ebene nach dem letzten Kampf an dem Ort gespeichert, bevor ich das Spiel beendet habe.
Das lief dann beim nächsten Spielstart so:
LADEN ins Hauptmenü
LADEN des Spielstands
Hoch in Dungeon-Ebene 1
LADEN
Raus aus Dungeon-Ebene 1
LADEN
Raus aus Eisenminen-Gebiet
LADEN
Rein in Taverne, maximal 5 Sekunden von Gebietseingang entfernt
LADEN
Reden mit Questgeber aus Taverne, raus aus Taverne
LADEN
5 Sekunden zu Gebietseingang, Klick auf Ort auf Karte
LADEN
So vergehen mal gut an die 10 Minuten, von denen man vielleicht eine Minute aktiv war, was in diesem Fall das Auswählen von Dialogoptionen bedeutet - aktives Gameplay ist auch das Klicken auf einen Gebietsübergang und warten auf das Ankommen für mich nicht wirklich.
Alle meine Lieblingsspiele sind alt und laden in nur wenigen Sekunden, bis hin zu Sekundenbruchteilen.
Wenn ich also bei Alpha Centauri in unter 10 Sekunden auf der Kampagnenkarte nach Abschicken dieses Posts sein kann, oder aber in Pillars of Eternity in 3 Minuten, wobei ich dann hoffe, nicht so bald das Gebiet wechseln zu müssen - oder sei es nur knapp die eine Minute von Black Geyser - ........ da tue ich mich schon sehr schwer, mich für PoE oder BG statt für Alpha Centauri/ Arcanum/ Thief/ Myst/ usw. zu entscheiden.
So habe ich trotz all meiner Begeisterung für Black Geyser öfters lieber mal eine Folge auf Netflix angeschmissen, statt weiterzuspielen.
Aber, wer mit etwas längeren Ladezeiten kein Problem hat und wenn derjenige Baldur's Gate 1 mochte, möchte ich demjenigen dringendst zu Black Geyser raten - meiner Meinung nach macht man mit dem Ding wirklich NICHTS verkehrt. Ein tolles, klassisches Gruppen-Rollenspiel.